Im Nordwesten Südafrikas, wo der Wind den roten Sand der Kalahariwüste über das Ödland treibt, wachsen diese malerischen Aloen. Wer aufmerksam durch diese Halbwüsten wandert, entdeckt eine ganz eigene Pflanzenwelt.
Die Ureinwohner Südafrikas Namas und San gaben dieser Region den Namen: Namaqualand und Buschmanland. Namas früher, geringschätzig als Hottentoten bezeichnet haben gemeinsam mit den San über Jahrtausende in engster Symbiose mit der Natur gelebt. Buschmänner leben heute nur mehr in kleinsten Gruppen in der Kalahari Wüste. Im Kampf um Wasserrechte oder Weideflächen für die Rinder der
„Voortrekker“ (Siedler) gab es keinen Platz für nomadisierende Buschmänner.
Heute erinnern nur noch Felszeichnungen oder der Name des Köcherbaums (Aloe dichotoma) an die ersten Siedler Südafrikas. Aus den bizarr verzweigten Ästen dieser Aloenart, fertigten die Buschmänner Köcher für ihre Giftpfeile, die sie zur Jagd brauchten. Auch die Siedler aus Europa, die sonst kein Verständnis für die Besonderheiten dieses Volkes hatten, lernten schnell von den Ureinwohnern und erkannten den vielfältigen Nutzen dieser Pflanze. So wurden aus den Stämmen des Köcherbaumes kleine Hütten gebaut um darin verderbliche Lebensmittel frisch zu halten. Das poröse und löchrig Innere der Stämme wurden mit Wasser getränkt und durch die Verdunstungskälte entstand ein einfacher Kühlschrank in der glühenden Sommerhitze Namaqualands.
Südafrika, insbesondere die Kap Provinz hat mit ihren heißen Sommern und oft regenreichen Wintern eine reichhaltige Flora entwickelt. 8500 unterschiedliche Pflanzenarten davon 6000 einheimische. Alleine am Tafelberg gibt es mehr Pflanzenarten (1470) als auf den gesamten Britischen Inseln (1443). Noch viel mehr Pflanzen sieht man jedoch im Frühjahr (September/Oktober auf der südlichen Weltkugel) in der Region Karoo und Namaqualand. Dort verwandelt der Regen die Halbwüste für kurze Zeit in ein Blüteninferno.
Einige Blumen sind auch aus unseren Gärten nicht mehr wegzudenken, wie z.B. die Pelargonien, Gladiolen. Gazanien, in der Wildform im Namaqualand beheimatet, blühen sie als echte Sonnenkinder auch bei uns nur zu Mittag und bei Sonnenschein voll auf. Einige dieser Pflanzen werden daher zu Recht Mittagsblumen genannt.
Corpobrotus edulis, eine kriechende Sukkulente ist eine von ihnen. Diese Pflanze wurde von den Buschmännern gesammelt und ist genießbar wie der Name edulis bereits verrät. Die fleischigen Blätter schmecken ein wenig wie Gurken und die Früchte sind Feigen sehr ähnlichen. Im Englischen wird diese Pflanze auch heute noch „Hottentot Fig“ genannt.
Zum charakteristischen Bild der afrikanischen Landschaft gehört aber die Aloe. Es gibt hunderte Arten, die fast alle medizinische Verwendung finden und zum Großteil in der Kapregion vorkommen. Man schätzt, das überhaupt 80 Prozent der afrikanischen Pflanzen für medizinische Zwecke geeignet sind. Unkontrolliertes Sammeln und Ernten gefährden aber auch hier die Bestände. Viele Südafrikaner vertrauen im Krankheitsfall auch heute noch auf das große Wissen heil kundiger Männer und Frauen, in Zulu Sangoma genannt.
Aloe ferox wurde bereits 1761 von den Siedlern wegen ihrer heilenden Wirkung nach Europa exportiert. Der Saft der fleischigen Blätter wirkt entzündungshemmend, bekämpft Pilzinfektionen, wirkt bei Sonnenbrand und ist heute das Zaubermittel in der Kosmetikindustrie. In vielen Produkten vom Haarshampoo bis zur Hautcreme verspricht sie uns Schönheit. Freuen wir uns auch an ihrer äußeren Schönheit.
Ernst Zerche